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Ski heil mit Opa Jean-Pierre

Exot Roy (47) aus Haiti bei der WM vor Riesenslalom-Start − Der Andorraner Rigail kann ein richtig Guter werden

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Der erste Haitianer bei einer Ski-WM: Jean-Pierre Roy will in Garmisch im Riesenslalom an den Start gehen.  − Foto: dpa


Er stand im Ziel und bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Kevin Esteve Rigail aus Andorra hatte im Abfahrtslauf der Weltmeisterschafts-Kombination in Garmisch-Partenkirchen am Montag einen Großteil der Abfahrts-Elite, inclusive Bode Miller, Ted Ligety und alle Österreicher hinter sich gelassen und feierte seinen neunten Platz zur Halbzeit wie einen Sieg. Ausrichter Deutschland hatte wegen zu erwartender Erfolglosigkeit sogar bei seiner Heim-WM darauf verzichtet, einen Kombinierer zu präsentieren.
„Das war der beste Lauf meines Lebens“, freute sich der 21-Jährige. Dass er am Ende „nur“ einen 21. Platz belegte, störte den Außenseiter nicht. „Ich habe leider keine Übung im Slalom, aber das macht gar nichts“, so Andorras Bester, „ich wollte einfach nur fahren und Spaß haben“.

Eines Tages unterden Ersten sein

Und schickte gleich eine Kampfansage an die Etablierten hinterher. „Eines Tages“, sagte er strahlend, „will ich unter den Ersten sein“.
Gerade mal fünf Weltcup-Rennen hatte Kevin Esteve Rigail vor den Titelkämpfen bestritten. Überseerennen sind bei dem kleinen Team (Roger Vidosa kam auch noch auf Rang 28) aus dem Zwergstaat tabu, denn aus Kostengründen können nur Rennen in der Nähe des Trainingsorts Chamonix bereist werden. Und dass wir „hier auch einen Physiotherapeuten haben“, macht den Sportstudenten richtig stolz.
Stolz, dabei sein zu können ist auch Jean-Pierre Roy, der einen wahren Marathon hinter sich hat, um seine Teilnahme an den Titelkämpfen möglich zu machen. Der 47-jährige gebürtige Haitianer der allerdings in der Nähe von Paris lebt, musste erst einen Verband, die Fédération Haïtienne de Ski, gründen. „Ich bin dessen Präsident und einziger Fahrer. Wir haben genau eine FIS-Lizenz. Einer meiner Cousins ist der Generalsekretär, der andere ist der Schatzmeister. Gemeinsam mit den Jungferninseln erklärte uns die FIS am 6. November 2010 zu Mitgliedern.“
Jetzt war der Weg frei für die erste Teilnahme eines Haitianers an den Ski-Weltmeisterschaften. „Ich habe mich mit 20 Trainingstagen auf die WM vorbereitet – und das im Alter von 47 Jahren. Ich bin schon Großvater, habe eine 22-jährige Tochter und einen zweijährigen Enkelsohn. Einen Opa bei einer Ski-WM hat es zuvor noch nicht gegeben.“
Jean-Pierre Roy hatte sich vorgenommen, sich im Riesenslalom auf die Strecke zu wagen, vor allem um für Aufmerksamkeit für sein Erdbeben-geplagtes Heimatland zu sorgen. „Ich will mit meiner Teilnahme sagen: Vergesst Haiti nicht“, so Roy.

Bislang noch keinOpa bei der Ski-WM

Angesichts der Steilheit und Schwierigkeiten der Kandahar-Strecke ist ihm aber mittlerweile etwas mulmig geworden. Er ist sich jetzt nicht mehr sicher, ob dieses Vorhaben, das aus einer Wette bei der Ski-WM 2009 in Val d’Isere entstand, für einen Hobbyfahrer nicht zu gewagt ist. Aber sein wichtigstes Ziel hat er erreicht: „Vielleicht rede ich nur über Haiti – und gehe dann heim.“
Dass die Angst nicht begründet ist, betont FIS-Präsiedent Gian Franco Kasper bei einem Gespräch über die Sicherheit auf den WM-Straecken: „Die sichersten sind die Exoten, da passiert nichts. Gefährdet sind die Jungen, die in der Mitte sind und mit allen Mitteln an die Spitze kommen wollen. Dort ist die größte Gefahr. Natürlich gibt es auch bei den Profis ganz vorne eine Gefahr, aber die haben die Routine und wissen, was zu tun ist. Aber die jungen Wilden sind die gefährdesten. Und nicht der Exot, der da in aller Ruhe die Piste runterfährt.“