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THEMA: SKI-WM 2011

Ski-Opa Roy in WM-Mission

Der 47-jährige will seinem Heimatland Haiti ein wenig Hoffnung schenken, und zeigen, dass auch "Unmögliches möglich ist".

LETZTES UPDATE AM 15.02.2011, 14:02

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"Ein guter Skifahrer, aber kein Profi": Jean-Pierre Roy.

Jean-Pierre Roy wird in Garmisch-Partenkirchen ganz sicher nicht die erste WM-Medaille für Haiti holen. Der 47-jährige Großvater mit nicht zu übersehendem Bauchansatz hat aber sowieso andere Ziele, Roy will seinem von einem schweren Erdbeben im Jänner 2010 gezeichneten Geburtsland ein wenig Hoffnung geben.

Am Dienstag hat Roy in Bayern voller Stolz und überwältigt von seinen Gefühlen den rot-blau-weißen Rennanzug Haitis präsentiert. Am Donnerstag wird er sich in der Qualifikation zum Riesentorlauf die Horn-Piste hinunterwagen. "Ich bin unglaublich stolz, für Haiti bei der WM zu starten. Ich möchte mithelfen, dass wieder positiv über Haiti gesprochen wird", meinte Roy, der einen zweijährigen Enkelsohn hat. "Wir wollen Haiti Hoffnung geben und zeigen, dass auch Unmögliches möglich ist", sagte Thierry Montillet, der Freund, Trainer und Servicemann von Roy.


Biertrinken eingestellt

Die Idee zum WM-Start war Roy im Oktober 2010 gekommen. Da war der in Frankreich nahe Paris lebende Ski-Exot, der im normalem Leben Computer-Fachmann ist, zuletzt in seinem Geburtsland gewesen. Die Bilder, die Roy dort im Karibik-Staat sah, haben ihn erschüttert. Roy beschloss danach, dass er auf seine ganz spezielle Art helfen möchte, gründete den haitianischen Skiverband und wurde am 6. November vom Weltverband (FIS) offiziell anerkannt.

Das "Weißes Gold für Haiti" genannte Projekt kostet Roy und Montillet rund 15.000 Euro. Unterstützt wird das Mini-Team u.a. von Rossignol, das Ski, Schuhe und Stöcke zur Verfügung gestellt hat. Der Ski-Opa wohnt bei der WM im gleichen Hotel wie Österreichs Team und freut sich, dass er jeden Tag mit Ski-Größen wie Elisabeth Görgl frühstücken darf. Auch andere Stars wie Bode Miller oder Lindsey Vonn gaben Roy bereits Zuspruch und sorgten für frische Motivation beim WM-Debütanten.

Roy, der mit seiner Familie als Zweijähriger Haiti Richtung Frankreich verlassen hatte, stand zum ersten Mal als Achtjähriger auf Skiern. Seitdem fährt er eine Woche pro Jahr Ski. Seit Oktober hat Roy sein Training intensiviert und sogar das Biertrinken eingestellt. Neben Radfahren, Laufen und Einheiten auf einem in der Garage stehenden und vom ihm "Skimaschine" genannten Gerät stand Roy 20 Tage auf Schnee. "Ich bin ein guter Skifahrer, aber kein Profi", weiß Roy.

Aber Roy hat auch sportliche Ambitionen, er hat sogar Olympia 2014 in Sotschi im Visier. Roy will sich aber zunächst einmal für das Riesentorlauf-Hauptrennen am Freitag qualifizieren. Am Samstag geht es dann um die Slalom-Qualifikation. Sollte ihm das scheinbar Unmögliche gelingen, würde er sich mit seinen Vorbildern wie Miller oder Ivica Kostelic messen dürfen und für sein Projekt eine noch größere Bühne vorfinden. Die Formkurve scheint zu stimmen, denn Coach Montillet berichtete: "Gestern habe ich ihn zum ersten Mal richtig gut skifahren gesehen."

Artikel vom 15.02.2011 13:00